Historisches Forschungsprojekt zum Pavillon 15 des Otto-Wagner-Spitals startet

FORSCHUNGSPROJEKT:
Menschen mit Behinderung in der Wr. Psychiatrie von der Nachkriegszeit
bis in die 1980er Jahre
Zeithistorisch-sozialwissenschaftliche Fallstudien zu Pavillon 15 "Am Steinhof"/Otto-
Wagner-Spital und Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder am Neurologischen
Krankenhaus Rosenhügel im Gesamtzusammenhang der Wr. Psychiatrie und Behindertenhilfe
durchgeführt vom IRKS - Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie
(unter Mitarbeit des Kompetenzzentrums für Soziale Arbeit, FH Campus Wien)
Auftraggeber: Wiener Krankenanstaltenverbund
Projektlaufzeit: 01/2015 – 06/2016
Veröffentlichung Endbericht: Juni 2016
Projektleitung: Dr. Hemma Mayrhofer, IRKS
E-Mail: hemma.mayrhofer@irks.at – Tel.: 01/ 526 15 16-20
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1. Ausgangspunkt und Zielsetzung der Studie
Den Ausgangspunkt für die Erforschung der beiden stationären Einrichtungen bilden die aktuellen
Vorwürfe in Bezug auf pflegerisch-betreuerische Missstände sowie menschenunwürdige Zustände
bzw. ebensolche medizinische Behandlungsweisen durch ÄrztInnen gegenüber Kindern
und Jugendlichen mit Behinderung im Pavillon 15 des Otto-Wagner-Spitals (ehem. "Am Steinhof")
sowie im Neurologischen Krankenhaus Rosenhügel in der Ära Rett (1966-1989). Die erhobenen
Vorwürfe betreffen unterschiedliche Aspekte bzw. professionelle Teilbereiche:
• Medizinische Behandlung (v.a. auf den Rosenhügel bezogen): Verabreichung von Hormonpräparaten
zur Dämpfung/Unterdrückung von sexuellen Empfindungen/
Bedürfnissen; Schwangerschaftsabbrüche & Sterilisation bei jungen Frauen mit kognitiver
oder Mehrfachbehinderung; medikamentöse „Ruhigstellung“ (betrifft auch OWS).
• Pflegerische und soziale Betreuung (insbes. auf Pavillon 15/OWS bezogen): Körperliche
Gewalt bzw. physischer Zwang; umfassende & entmenschlichende körperliche Vernachlässigung;
psychische/emotionale und soziale Vernachlässigung; ungenügende institutionelle
Rahmenbedingungen.
• Rechtliche Aspekte: unnötiger Freiheitsentzug, Verletzung geltender (von Österreich ratifizierter)
Menschenrechtskonventionen etc.
Die Studie setzt an diesen Vorwürfen an, geht aber über die wissenschaftliche "Aufklärung" einzelner
Kritikpunkte und die Diskussion ihrer rechtlichen Relevanz hinaus. Ziel ist es, die medizinische
Behandlungspraxis und pflegerische sowie psychosoziale Betreuungssituation in den beiden
stationären Einrichtungen umfassend auf breiter Datenbasis zu rekonstruieren und im institutionellen,
rechtlichen, wissenschaftlich-disziplinären und gesellschaftlichen Kontext der Wr.
Psychiatrie und Behindertenhilfe zu verorten. Besondere Aufmerksamkeit soll dabei auch den
individuellen Lebensschicksalen der betroffenen Personen mit Behinderung zukommen, ihrem
familiär-sozialen Hintergrund (unter Berücksichtigung der Lebenslagen der Angehörigen), den
institutionellen "Karrieren" unter Einbezug von Aspekten sozialer Ungleichheit, Ressourcenarmut
und sozialer Marginalisierung sowie ihrem Leben nach der Zeit in der entsprechenden stationären
Einrichtung und ihrer derzeitigen Lebenssituation. Abschließend ist eine komparative
Analyse der Forschungsergebnisse mit wissenschaftlichen Studienergebnissen zu vergleichbaren
Einrichtungen bzw. Unterbringungs- und Betreuungsangeboten für Menschen mit Behinderung
im zeitlichen Kontext in Österreich und exemplarisch in anderen europäischen Ländern vorgesehen.
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2. Eingrenzung des Forschungsvorhabens
Der zeitliche Schwerpunkt der Fallstudien liegt auf den 1960er-1980er Jahren. Die Zeitgrenzen
werden allerdings, wenn dies zur Beantwortung der zentralen Forschungsfragen empfehlenswert
erscheint, bei Bedarf verändert/angepasst, um historische Kontinuitäten (z.B. zur NS-Zeit)
und Brüche besser beleuchten zu können. Weiters wird versucht, die Lebensgeschichten und institutionellen
„Karrieren“ der betroffenen Personen mit Behinderung nach ihrer Zeit in Pavillon
15 bzw. in der Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder am Rosenhügel (zumindest exemplarisch)
zu erfassen.
Die gegenwärtig medial diskutierten Vorwürfe betreffen vor allem die beiden genannten stationären
Einrichtungen. Auch wenn darüber hinaus andere zeitgenössische Behandlungs-, Unterbringungs-
und Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Behinderung bzw. psychischer
Beeinträchtigung einer näheren wissenschaftlichen Untersuchung zugeführt werden könnten,
wird der Forschungsfokus dieser Studie vorrangig auf Pavillon 15/OWS und die Abteilung
für entwicklungsgestörte Kinder/KH Rosenhügel gelegt. Dadurch kann eine umfassende,
in die Tiefe gehende Bearbeitung des Forschungsvorhabens mit einem überschaubaren Zeithorizont
realisiert werden. Durch die Rekonstruktion der Einbettung beider Anstalten in den Gesamtzusammenhang
der Wr. Psychiatrie und Behindertenhilfe werden zugleich größere institutionelle
und gesellschaftspolitische Bezüge hergestellt.
Allerdings wird in der ersten Projektphase zu prüfen sein, inwieweit eine Abgrenzung zur 1956
von Andreas Rett errichteten Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder im Pavillon XVII (17) des
damaligen Altersheimes in Wien-Lainz möglich und inhaltlich vertretbar ist. Die bislang verfügbaren,
noch eher dürftigen Hinweise legen eher eine starke Verbindung zwischen dieser ersten
und der nachfolgend am Rosenhügel eingerichteten Abteilung nahe bzw. deuten möglicherweise
sogar an, dass es sich lediglich um die räumliche Übersiedlung ein und derselben Abteilung (ev.
verbunden mit einer formalen Veränderung der institutionellen Anbindung) gehandelt haben
könnte (vgl. hierzu u.a. die kurzen Angaben bei Koblizek/Schnaberth 2002, S. 59, oder die Autorenbeschreibungen
zur Monographie "Das hirngeschädigte Kind" von Rett/Seidler 1981).
Eine Eingrenzung des Einbezugs von betroffenen Personen nach diagnostizierter Behinderung/
Beeinträchtigung ist nur in eingeschränktem Ausmaß vorweg möglich, obwohl davon
auszugehen ist, dass aufgrund der ausgewählten stationären Einrichtungen der Schwerpunkt auf
Personen mit kognitiver Behinderung oder Mehrfachbehinderung liegt. Auf Basis der umfangreichen
Erhebungen von Forster/Pelikan (1978) und Laburda (1981) ist anzunehmen, dass sich auf
Pavillon 15/Baumgartner Höhe – jedenfalls zum Erhebungszeitpunkt im Jahre 1977 – fast ausschließlich
Personen aus der Diagnosegruppe „Schwachsinn“ befanden.
Die altersmäßige Eingrenzung ergibt sich aus den altersbezogenen Schwerpunkten der untersuchten
Einrichtungen. Geprüft wird, inwieweit auch junge Erwachsene noch in den Einrichtungen
verblieben sind (in Bezug auf Pavillon 15/Baumgartner Höhe dürfte dies vereinzelt der Fall
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gewesen sein, vgl. Laburda 1981, S. 55) bzw. im Rahmen welchen medizinischen oder psychosozialen
Betreuungmodells deren Weiterversorgung bzw. -behandlung erfolgte.
3. Forschungsperspektiven & Fragestellungen
Die Forschung zeichnet sich durch eine interdisziplinäre und multiperspektivische Herangehensweise
aus und versteht sich in der Tradition der Disability Studies. Ergänzend werden rechtliche
inkl. strafrechtliche Fragen analysiert. Durch die Kombination folgender Perspektiven soll
rekonstruiert werden, wie verschiedene Faktoren zusammengewirkt haben und zu einer spezifischen
gesellschaftlichen Praxis des Umgangs mit Menschen mit Behinderung in den untersuchten
Einrichtungen führten:
Medizinische Perspektive (medizinhistorische Verortung, medizinischer Wissensstand):
• Welches medizinisch-wissenschaftliche Paradigma (entscheidend für Zielsetzungen, Diagnostik
und darauf basierende Behandlungsmodi) prägte die beiden untersuchten Einrichtungen?
Inwieweit galt z.B. "geistige Behinderung" als unveränderlicher Zustand, der
weniger einer umfassenden medizinischen und therapeutischen Behandlung, sondern lediglich
einer Verwahrung zum Erhalt des diagnostizierten Status quo bedarf?
• Welche Kontinuitäten und Brüche zeigen sich in Bezug auf medizinische Wissenschaftsparadigmen,
in deren Rahmen Kinder und Jugendliche mit kognitiver Behinderung
als „minderwertig“, „nicht entwicklungsfähig“ und nicht fortpflanzungswürdig angesehen
(etwa im Rahmen der Eugenik der 1920er und 1930er Jahre) oder im Zuge der nationalsozialistischen
„Rassenhygiene“ selektiert und vielfach ermordet wurden?
• In welchem Zusammenhang zeigen sich der zeitgenössische medizinischwissenschaftliche
State of the Art des Untersuchungszeitraums und die tatsächliche medizinisch-
professionelle Praxis in den beiden stationären Einrichtungen?
• Während Pavillon 15 am Steinhof als „Endstation“ für behinderte Kinder- und Jugendliche
fungierte, wurden diese am Rosenhügel sowohl stationär als auch ambulant betreut
und behandelt. In welchem Zusammenhang stehen die differenten Versorgungsaufgaben
der beiden Einrichtungen mit der dort praktizierten medizinischen Behandlung?
• Welche Auswirkungen auf die Behandlungs- und Betreuungssituation der Menschen mit
Behinderung hatte die in den 1970er Jahren einsetzende Psychiatriekritik und -reform?
Pflegerische und betreuerische Perspektive:
• Unter Berücksichtigung einer bis in die 1980er Jahre nicht existenten spezifischen Ausbildung
der Psychiatrischen Krankenpflege und der Dominanz der medizinischpsychiatrischen
Disziplin in der spitalsinternen Hierarchie ist nach Ansätzen berufsgruppeninterner
Standards des Pflegepersonals zu fragen: Wie sahen die zeitgenössischen
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pflegerischen Standards aus, von welchem medizinischen bzw. pflegerischen Paradigma
waren sie geleitet?
• Welche pflegerischen und psychosozial betreuenden (bzw. ev. auch heilpädagogischen)
Berufsgruppen mit welchen Ausbildungshintergründen waren (ab wann) an den zu untersuchenden
Einrichtungen vertreten? Wie waren sie in die anstaltsinternen Hierarchien/
Weisungsketten und Aufgabenteilungen eingebunden? Wie und mit welchen Mitteln/
Ressourcen sollten/mussten sie ihre Aufgaben in der Praxis erfüllen?
• Von welcher Grundhaltung, welchen Bildern und ev. Stereotypen war ihre Wahrnehmung
der zu versorgenden und betreuenden Kinder und Jugendlichen mit Behinderung geprägt?
• Wie gestaltete sich unter diesen gegebenen Rahmenbedingungen und den vorherrschenden
"kognitiven Scripts" bzw. normativen Haltungen die tatsächliche Praxis der physischen
und psychischen Versorgung der stationär untergebrachten Menschen mit Behinderung
in den beiden Einrichtungen? Wie verlief der Arbeitsalltag bzw. der alltägliche
Umgang mit den PatientInnen/untergebrachten Personen? Welche Abgrenzungs- und
"Verarbeitungsstrategien" entwickelte das Personal gegenüber den teilweise trostlosen
Lebensschicksalen und insbesondere in Pavillon 15 prekären Lebensbedingungen und
Entwicklungsmöglichkeiten der Betroffenen?
Perspektive auf die Lebensgeschichten und Lebensbedingungen der stationär untergebrachten
Personen mit Behinderung:
• Aus welchem familiär-sozialen Herkunftskontext kommen die betroffenen Kinder und
Jugendlichen? Über welche Ressourcen zur Betreuung und Versorgung des Kindes mit
Behinderung verfügte die Herkunftsfamilie? Welche Betreuungsmöglichkeiten und Unterstützungsangebote
für Eltern mit Behinderung gab es? Inwieweit ist hier im Untersuchungszeitraum
ein Wandel zu beobachten?
• Welche Gründe bzw. Anlässe zeigen sich auf Seiten der Herkunftsfamilien für die Fremdunterbringung
des behinderten Kindes? (z.B. Berufstätigkeit der Eltern, prekäre Wohnsituation,
zerrüttete Familienverhältnisse, alleinerziehender Elternteil etc.)
• Welche Rolle spielte die Jugendwohlfahrt in diesem Kontext als Zuweisungs- und Selektionsinstitution?
Von welcher Bedeutung sind andere "Zu- und Weiterverweisungsinstitutionen"
für die Entwicklung der Lebensverläufe und institutionellen Karrieren der betroffenen
Individuen?
• Inwiefern sind soziale Schichtzugehörigkeit sowie familiäre Lebensbedingungen mit entscheidend
für die Diagnostik und daraus ableitbarer Maßnahmen der psychiatrischpflegerischen
Zuweisung sowie Behandlung und Betreuung? Welche Rolle spielen Aspekte
sozialer Ungleichheit für den Verlauf der Lebensschicksale, der institutionellen Karriere
und der Behandlung der betroffenen Personen im und durch das Psychiatriesystem
(inkl. Beleuchtung der Rolle der Privatinstitute in diesem Kontext)?
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• In welchem Umfang und in welcher Weise sind die Eltern bzw. Angehörigen weiter in den
Behandlungs- und Betreuungsverlauf ihrer Kinder eingebunden? Inwieweit bzw. in welchem
Ausmaß besteht Mitspracherecht?
• Welche Folgen hatten die Lebensbedingungen in den psychiatrischen Anstalten für die
Entwicklung der Kinder und Jugendlichen? (Regression, Hospitalismus etc.)
• Wie verliefen die Lebensgeschichten der betroffenen Personen nach Beendigung der Unterbringung
in den beiden Einrichtungen? Wie gestaltet sich ihre derzeitige Lebenssituation?
Organisatorische und institutionelle Rahmenbedingungen (inkl. Verortung im institutionellen
Kontext – tw. Überschneidungen mit den Forschungsperspektiven auf das Personal):
• Wie viele Personen waren in den beiden stationären Einrichtungen im Laufe deren Bestehens
untergebracht? (Wie viele Plätze, welche Belagszahlen, welche Verweildauer?)
Auf Grundlage ergänzender Recherche ist davon auszugehen, dass im Untersuchungszeitraum
zwischen den 1960er Jahren und 1983 (Schließung) auf Pavillon 15/Steinhof-OWS
wesentlich mehr Personen untergebracht waren als die 50-70 Personen, die von der KAVinternen
Arbeitsgruppe in einer ersten Erhebung identifiziert wurden. Alleine zum Erhebungsstichtag
23. April 1977 fanden sich dort 127 Personen in stationärer Pflege (vgl.
Laburda 1981, S. 53). Da laut Laburda die PatientInnen beim Erreichen des Erwachsenenalters
großteils in anderen Pavillons untergebracht wurden, ist davon auszugehen,
dass insgesamt wesentlich mehr Kinder und Jugendliche auf Pavillon 15 stationär versorgt
worden waren als zunächst angenommen.
• Ressourcen der Einrichtungen: Wie gestaltete sich die Zusammensetzung des Personals
und der Personalschlüssel im Verlauf des Untersuchungszeitraums in den beiden stationären
Einrichtungen? Wie waren die Ausstattung der Räumlichkeiten und die finanziellen
Ressourcen der Einrichtungen im Vergleich zu anderen Abteilungen/Pavillons der Wr.
Psychiatrie bzw. des OWS und des KH Rosenhügel?
• Wie waren die beiden stationären Einrichtungen in das institutionelle System der Psychiatrie
und Behindertenhilfe in Wien eingebunden? Welche Aufgabenteilung zeigt sich im
institutionellen Kontext? Welche Vernetzungen, Verweisungsketten der PatientInnen sowie
Verbindungen und Rochaden des medizinischen und pflegend-betreuenden Personals
etc. lassen sich rekonstruieren? (soweit im Kontext der beiden Fallstudien beantwortbar)
• Wie gestaltete sich die fachliche und institutionelle Aufsicht bzw. Kontrolle und ihre faktische
Handhabung im Gesamtkontext der Wr. Psychiatrie und Behindertenhilfe?
• Inwieweit sind offizielle Beschwerden über die Zustände/Behandlungsweisen der beiden
Einrichtungen auffindbar? Wie gestaltete sich gegebenenfalls das Beschwerdemanagement
und welche Folgen hatten Beschwerden?
Rechtliche Perspektive: Die rechtlichen Fragestellungen sind primär im zeitlichen Kontext des
Untersuchungszeitraums bzw. der damaligen rechtlichen Entwicklungen zu untersuchen. Als
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Bezugs- und Analysefolien werden aber auch die heute geltenden und im gegenständlichen Bereich
anzuwendenden Regelungen und Normen nationalen wie auch internationalen Rechts herauszuarbeiten
sein.
• Bei den der Pflege, Aufsicht und Kontrolle Unterstellten handelte es sich zum überwiegenden
Teil um Minderjährige: Wie stellten sich die entsprechenden vormundschaftsrechtlichen,
pflegschaftsrechtlichen und jugendwohlfahrtsrechtlichen Bestimmungen
dar?
• Wie wurden diese Bestimmungen umgesetzt, durch wen und wie wurden Entscheidungen
für bzw. über die "Pflegebefohlenen" getroffen und wie stellte sich der Rechtsschutz der
Betroffenen dar?
• Nachdem ein Teil der "Pflegebefohlenen" auch noch im Erwachsenenalter in den Einrichtung
war, sind hier auch die Erwachsene betreffenden Regelungen wie etwa zur Entmündigung
bzw. zur rechtlichen Stellvertretung einzubeziehen.
• Wie sind die Vorwürfe aus Menschen- und grundrechtlicher Sicht bzw. aus der Sicht der
einschlägigen behindertenrechtlichen Bestimmungen zu bewerten?
• Wie stellen sich die Vorwürfe aus strafrechtlicher Sicht dar?
Zeithistorische Verortung im gesamtgesellschaftliche Kontext: Wie lassen sich die Erkenntnisse
der beiden Fallstudien zu Pavillon 15/OWS und der Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder
am Rosenhügel in den wissenschaftlichen, politischen und gesellschaftlicher Diskurs über Behinderung
sowie den Umgang mit und die Bewertung von kognitiver Behinderung einordnen? Welche
Auswirkungen hatte die Psychiatriekritik und Psychiatriereform für die Situation der Menschen
mit Behinderung im psychiatrischen System? Inwieweit schlug sich das gesellschaftspolitische
Anliegen der Öffnung der Psychiatrie auch in der Versorgung und Betreuung von Menschen
mit Behinderung nieder?
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4. Workpackages – Überblick
WP 1: Projektmanagement
WP 10: Berichtslegung(en) & Dissemination
WP 9: Verortung der Ergebnisse im aktuellen österreichischen und exemplarisch
im europäischen Forschungsstand zur stationären Unterbringung in der
Psychiatrie mit Schwerpunkt auf Studien zur Unterbringung von Menschen mit
(kognitiver) Behinderung im Untersuchungszeitraum.
WP 8: Synthese der
Teilergebnisse von WP 2-7
WP 6: Wissenschaftsdiskurse
Analyse der zeitgenössischen wissenschaftlichen
Diskurse zu Psychiatrie und Behinderung
WP 5: Rechtliche Fragestellungen
Recherche und Analyse der zeitgenössischen
rechtlichen Rahmenbedingungen und Rechtspraxis
inkl. Erörterung eventuell strafrechtlich relevanter
Aspekte; Vergleich mit der heutigen
Rechtslage
WP 2: Akten- und Dokumentenrecherche
& -analyse
zu Pavillon 15/OWS und Abt. f. entwicklungsgestörte
Kinder, Rosenhügel
WP 3: Professionelles System & institutioneller
Rahmen
Erhebungen mit dem/zum medizinischen, pflegerischen
und betreuerischen Personal sowie zum
institutionellen System der Psychiatrie & Behindertenhilfe
in Wien (inkl. ressourcenmäßiger
Ausstattung) & Auswertung der erhobenen Daten
WP 4: Betroffene & privates Umfeld
Erhebungen mit ehemals in den untersuchten
Einrichtungen stationär untergebrachten Personen
und mit ihren Angehörigen bzw. Personen
aus ihrem privaten Umfeld & Auswertung der
erhobenen Daten
WP 7: Gesellschaftsdiskurse
Analyse der gesellschaftlichen und politischen
Diskurse zu Psychiatrie und Behinderung in den
1960er-1980er Jahren
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5. Forschungsteam
Das Forschungsteam setzt sich aus einem interdisziplinär besetzten Kernteam von vier Senior
Researcher und zwei Junior Researcher (Soziologie, Rechtswissenschaften, Geschichtswissenschaften,
Sozialarbeitswissenschaft) zusammen, die bereits an der Studie der Kommission Wilhelminenberg
oder an der Malariatherapie-Studie des Instituts für Zeitgeschichte der Universität
Wien mitarbeiteten. Die eingebundenen WissenschaftlerInnen verfügen über fundierte inhaltliche
Expertise und Forschungserfahrung in den Bereichen Disability Studies, Behindertenhilfe,
Behindertenrechte, Medizingeschichte, Psychiatriegeschichte, Kinder- und Jugendwohlfahrt,
Geschichte des Fürsorgesystems, Heimerziehung und totale Institutionen.
6. Wissenschaftlicher Beirat
Das ForscherInnen-Team wird von einem wissenschaftlichen Beirat, bestehend aus vier ExpertInnen
mit spezifischer Expertise zu den Themenfeldern des Forschungsprojekts, beratend begleitet.
Diese bringen auch internationale Expertise in das Projekt ein.
7. Zeitplan Veröffentlichungen
Forschungsverlaufsbericht: August 2015
Endbericht zum Forschungsprojekt: Juni 2016 – Es handelt sich dabei um den umfassenden
und ungekürzten Gesamtbericht zu den Ergebnissen des Forschungsprojekts.
Beide Berichte werden allgemein zugänglich gemacht und in elektronischer Form ungekürzt über
die Websites des Wiener Krankenanstaltenverbundes und der Stadt Wien sowie die Homepage
des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie zum Download bereit gestellt.

Verantwortlich für diese Seite:
martina.schoeberl@wienkav.at